Freitag, 22. Mai 2009
Der Papst in der Sauna
Nach endlosen Audienzen, Segnungen und sonstigen frommen Sprüchen war er ziemlich müde, unser Papst. Um den Kopf wieder klar zu kriegen und die Erde wieder zu spüren, ging er in den Vatikanischen Gärten spazieren und erinnerte sich an seine Jugend in der fernen bayrischen Heimat.

Er war damals ein ganz normaler junger Mann gewesen, der nach getaner Arbeit auch gern in eine Wirtschaft ging und mit den Dorfschönheiten herumblödelte.

Und wie er so dahinsinnierte, wie es einmal war, ist und sein wird, erspähte er seinen Chauffeur, auch ein Bayer aber um einiges jünger, der bei vollem Gehalt momentan arbeitslos herumschlenderte.
Von einem Geistesblitz getroffen winkte er (der Papst) ihn (den Chauffeur) herbei und fragte ihn:

„Was machen Sie heute Abend.“
„Ich gehe in die Sauna.“
„Nehmen Sie mich mit.“
„Aber, aber, Heiliger Vater, in der Sauna sind alle nackt.“
„Das macht gar nichts, ohne den liturgischen Gewändern kennt mich ohnehin niemand.“

Es hat ihm sehr gut gefallen, dem Heiligen Vater in der Sauna. Nach 14 Tagen trifft er ihn wieder, der Heilige Vater seinen Landsmann und Chauffeur:

„Gehen Sie heute wieder in die Sauna.“
„Ja“
„Nehmen Sie mich wieder mit“, bettelte der hohe und heilige Herr.
„An sich schon, Heiliger Vater, aber heute haben wir eine gemischte Sauna.“
„Macht mir gar nichts aus“, meinte unser weltoffener Heiliger Vater, „macht mir gar nichts aus, wenn auch ein paar Evangelische dabei sind.“

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Donnerstag, 15. Januar 2009
Wahr und Wirklich
Als wahr und wirklich pries unser Vater nur,
was seinen Vorstellungen von der Welt
in allen Belangen entsprach.

Wahr und wirklich:
Schon die Worte wurden mir verhasst,…
Projektionen der Phantasie oder der bloßen Gier
haben schließlich ganze Flotten
in Bewegung zu versetzen vermocht,
Karawanen oder Schlittenhundegespanne,
Armeen von Eroberern und Entdeckern,
die sich im Zweifelsfall
lieber an den Fluchtlinien eines Traums
als von Messwerten leiten ließen.
Christoph Ransmayr

Und frei nach Ransmayr:
Es scheint, dass mit Präzisionsinstrumenten
nach Welten Ausschau gehalten wird,
die vielleicht nirgendwo anders zu finden sind
als in unserem Kopf.

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Dienstag, 11. November 2008
Wie sich die Zeiten ändern
Ging der Meier mit dem Köhler auf dem Schnee durch den Nebel um das Dorf. Hand in Hand. Kälte kratzte an den Knochen und auf den kahlen Bäumen hockten schwarze Krähen.

Schreie und Gekicher aus den Stuben. Geschwärzte Höllenhunde wurden von einer Horde respektloser Dämchen in die Schwänze gezwickt. Krampusse heißt man sie hierzulande und vielleicht auch anderswo.

„Wie sich die Zeiten ändern“, sinnierte der Köhler, „wir haben uns vor diesen Gesellen noch versteckt.“
„Und heute fürchtest Du Dich nicht mehr?“
„Doch nicht mit einem so himmlischen Begleiter.“

Und der Meier wäre so gern auch gezwickt geworden.

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