Montag, 20. Oktober 2008
Chancengleichheit
In der guten alten Zeit gab es im Mostviertel viele kleine Bauern und einige große, die mit ein paar Joch und ein paar Knechte und Dirnen mehr, das waren die Herrnbauern.
Die ganz kleinen waren die Häuslbauern, Taglöhner im Nebenberuf.
Discos gab es keine. Das Vergnügen spielte sich beim Fensterln ab. Und war das Fenster vergittert, stand immer noch der Heuboden zur Verfügung, wo es weder Pillen- noch Gummiautomaten gab. Ergebnis: Der Kinderreichtum war enorm.
Problem Nummer 1 in der guten alten Zeit im Mostviertel und vielleicht auch anderswo: Wohin mit den vielen Kindern?
Lösung Nummer 1 im guten alten Mostviertel und vielleicht auch anderswo:
Der Gescheiteste wird Pfarrer. Der Zweite Lehrer. Der Letzte Bauer und Bürgermeister.
Die Töchter haben geheiratet oder starben als Jungfrauen.
Ich, als einer der letzten dieser guten alten Zeit, war und bin ein Betriebsunfall: Zum Pfarrer zu geil, zum Bauern und Bürgermeister zu blöd, also bin ich Lehrer geworden.
Erst der Sensenmann machte sie alle wieder gleich. Das war immer so und ist auch heute noch so: Chancengleichheit erst am Ende und nicht nur bei den Bauern.

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Samstag, 18. Oktober 2008
Ein Minimärchen
Wenn in Austria Minister vor Ablauf der Legislaturperiode zurücktreten, bekommen sie unabhängig von ihrem chronologischen Alter eine Ministerpension. Mittlerweile gibt es in „good old Austria“ schon eine ganze Liga von Ministerfrühpensionisten. Das ist noch kein Märchen, sondern ein Fakt. Das Märchen kommt jetzt: Eine Ministerfrühpension stellt per definitionem ein Zeit versetztes Entgelt für eine früher erbrachte Dienstleistung dar und erhöht demnach das Bruttosozialprodukt. Schlussfolgerung: Wir könnten in Austria das Bruttosozialprodukt enorm steigern, wenn wir in periodischen Abständen möglichst viele Minister verjagten.

Zeitgleich zum Ministerverjagen gibt eine Frau in einem Dorf ihren Nachbarinnen einen Englischkurs aus reiner Lust am Lehren ohne jedes Entgelt. Sie erwirbt sich durch diesen Lustgewinn keinen Pensionsanspruch und erhöht das Bruttosozialprodukt nicht, obwohl das Humankapital steigt. Würde sie dasselbe an einer Volkshochschule gegen Entgelt aber ohne Lust tun, würde sie das Bruttosozialprodukt erhöhen. Wenn am Bau gegen Entgelt mit großer Lust Scheiße gebaut und später wieder gegen Entgelt lustlos saniert wird, wird das Bruttosozialprodukt gleich zweimal erhöht. Mein Pumukl will mir einreden, dass wir weder von der Lust noch vom Bruttosozialprodukt leben, sondern von den Produkten unserer Arbeit. Er hat halt keine sehr zeitgemäße Betrachtungsweise. Er versteht noch nichts von Wachstum und von Zinsen noch weniger.

Zwei Psychotherapeuten treffen sich im Kaffeehaus.
Fragt der erste: „Wie geht’s?“
Der andere: „Super.“
„Erzähl!“
„Stell dir vor, ich behandle gerade einen Schizophrenen, Privatpatient.“
„Und was soll daran super sein?“
„Beide zahlen.“
„Scheiß-Krankenkasse, die zahlt für meine Patienten nur einmal.“
„Sollte man auch privatisieren, dann könnten wir den Leuten wieder klar machen, dass es sich bei Schizophrenen um zwei Personen handelt.“
(Frei nach Torberg)

Ein Freund sagte mir vor wenigen Tagen (auch im Kaffeehaus): „Blödsein ist nicht umsonst so schön.“

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Freitag, 17. Oktober 2008
Der Entengott
An einem Dienstag im Juli schlüpften die ersten Entlein, am Mittwoch dann die große Schar und die Mütter übersiedelten mit den Jungen in den Nachbarkobel. Sie übersahen dabei, dass ein Nachzügler ganz ohne Geburtshilfe noch das Eigehäuse sprengte und das Licht der Welt erblickte. Den ganzen Tag kämpfte der jüngste Erdenbewohner vergeblich um die mütterliche Zuneigung, sie ließen den Nachzügler seinem Schicksal überlassen. Außerdem wurden auch ca 25 Eier nicht mehr bebrütet.
" Und wenn dich Vater und Mutter verlassen, ich verlass dich nicht ", heißt es in uralten heiligen Schriften. Als selbsternannter Entengott stieg ich in den Teich (die Insel war wegen des Sinkens des
Wasserspiegels auf Grund gelaufen und ließ sich nicht mehr ans Ufer ziehen) nahm das ermattete Entlein in meine Hand und gab es zur Wärme spendenden Schar der Geschwister. Und weil ich schon bis zum Arsch im Wasser stand, entfernte ich auch noch die bebrüteten und verlassenen Eier, die zum Teil schon einen penetranten Gestank verbreiteten. Bei den mehrmaligen Gängen zwischen Insel und Ufer sank ich im Schlamm immer tiefer und stürzte schließlich ins Wasser. Patschnass vollendete ich das Werk. Beim Abtransport der verlassenen Eier vernahm ich noch mitten aus den Eiern ein Gepiepse und zwei von innen angepeckte Schalen: Klar da waren noch zwei Entlein in Geburtswehen. Ich befreite sie aus der tödlichen Kinderstube, stieg nochmals ins Wasser und gab auch sie zu den Geschwistern. Gestern, Donnerstag waren alle 3 aus höchster Not geretteten Entenvögel bereits wohlauf, schwammen bereits über den ganzen Teich, sodass die neue Schar ganze 15 beträgt. Die Mütter vertreiben die bösen Väter, die mit ihrer Begattungswut auf ihre eigene Nachkommenschaft fürchterlich eifersüchtig sind. Was in der ganzen Entenschaft nicht wahrgenommen wurde, ist, dass ein guter Gott 3 von ihnen aus höchster Not errettete. Das ist so mit den Göttern: Sie behüten und beschützen und die Behüteten nehmen es gar nicht wahr und die Götter schmunzeln und erfreuen sich an der Lebensfreude der Erretteten. Eigentlich brauchen sie gar keine Lobgesänge und Opferaltäre. Ich als Entengott würde es mir jedenfalls verbieten, wenn sie mir jetzt eines von meinen Lieblingen opfern würden. Ich bin ins Wasser gestiegen, damit sie leben und nicht, damit sie geopfert werden.
Es tut richtig wohl, mitten in einer theo- oder anthropozentrischen Welt auch die Not der Tiere wieder wahrzunehmen und zu lindern helfen.

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